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Über das Bedürfnis des Menschen, Kunst zu schaffen
Symposium
Am 10. April 2010 feiern wir das 10-jährige Bestehen unseres Studiengangs. Aus diesem Anlass möchten wir zu einem ganztägigen Symposium mit dem Titel
Über das Bedürfnis des Menschen, Kunst zu schaffen einladen.
Referenten aus der Kunstwissenschaft, Psychoanalyse und Kunsttherapie diskutieren die Kernfragen der Kunst und der Kunst als Therapie und werden damit den interdisziplinären und internationalen Charakter des noch relativ jungen Faches der Kunsttherapie fokussieren.
Begleitend zeigt eine Ausstellung den beruflichen Werdegang von Absolventen des Studienganges.
Hier finden Sie das (Programm, Anmeldeformular und -modalitäten) zum Ausdrucken.
Die Veranstaltung ist von der Berliner Psychotherapeutenkammer mit 6 Fortbildungspunkten zertifiziert.
ab 8.30 Uhr Registrierung
Veranstaltungsort: Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin
Neuer Marstall Krönungskutschensaal
Schlossplatz 7 | 10178 Berlin-Mitte
Lageplan
9.30 Uhr Grußworte
Prof. Gerhad Strehl
Rektor der Kunsthochschule Berlin Weißensee
Prof. Dr. Bodo Paul
Geschäftsführer der Parkklinik Weißensee, Schlosspark Klink,
Kunsttherapie Berlin gGmbH
Einführung
Prof. Dr. Karin Dannecker
Leiterin des Studiengangs
Vorträge
10.15 Uhr
Prof. Dr. Gottfried Boehm
Die Dynamik der Ästhetischen Erfahrung
Die Existenz „Ästhetischer Erfahrungen“ ist unbestritten. Wie brauchbar aber ist die Kategorie selbst? Besitzt sie, jenseits einer verbreiteten Emphase, analytische Kraft? Ermöglicht sie sinnvolle Unterscheidungen, jenseits wenig befriedigender theoretischer Verallgemeinerungen?Der Vortrag beschäftigt sich, auf exemplarische Weise, mit solchen Befunden und Strukturen, vornehmlich in Bildwerken, die imstande sind, ganz unterschiedliche Weisen ästhetischer Erfahrungen zu generieren. In der Absicht damit zugleich ihren Reichtum und ihre distinktive Kraft zu verdeutlichen
- Pause -
11.15 Uhr
Prof. Dr. Diane Waller
The Art of Transformation: Ed Kienholz, Arte Povera and Outsider Artists: What art therapists can learn from their experiences.
How have some artists combined their need to comment on their social environment with their need to create art?
This is the third paper in a series which is looking at the transformation of experience through the use of images. The work of artists who have overtly used their need and ability to create art to make powerful social commentaries will be discussed. These artists have all made use of ‘found objects’ and aimed to take art out of its usual position in a gallery to a wider audience, and in varying degrees have been influenced by political and humanitarian aims. That the art works are now to be found in museums and galleries throughout the world is incidental and says more about our need to label, confine and create commodities than it does about the intention of the artists. The artists who are discussed include Ed Kienholz, artists of the Arte Povera movement in Italy, graffiti artists in the UK (eg Banksy) and some so-called ‘outsider artists’. The paper will be copiously illustrated by selected works of these artists.
12.15 Uhr - 14.00 Uhr
Posterpräsentationen und Mittagspause
14.00 Uhr
Dr. Thomas Röske
Eruptionen des Unbewussten? Künstlerisches Schaffen in der Psychiatrie um 1900
Das kulturgesättigte Europa fahndete seit dem späten 19. Jahrhundert nach dem „Authentischen“ in der Kunst und meinte verschiedentlich fündig zu werden: zunächst in der so genannten Stammeskunst, dann in der Kinderzeichnung und schließlich in der „Bildnerei der Geisteskranken“ – so der Titel des 1922 erschienenen Pionier-Werks von Hans Prinzhorn. Dieses „spätexpressionistische Manifest“ sah in den künstlerisch tätigen Anstaltsinsassen einen „blinden Ausdrucksdrang“ am Werk: „Sie wissen nicht, was sie tun.“ Viele Begeisterte schlossen sich dieser Sicht an. Dabei muss schon Prinzhorn klar gewesen sein, dass er hier einem Mythos wissenschaftlichen Anstrich gab und sich an einem gesellschaftlichen Verdrängungsprozess beteiligte. Welche Vielfalt an Motiven Männer und Frauen um 1900 in Anstalten tatsächlich zum Zeichnen, Malen, Sticken und Schreiben brachte, beleuchtet der Vortrag.
14.45 Uhr
Olga Handford?
The Place of art and creativity in human development?- evolving identity of Polish art therapy.
The paper will show current stage of development of art therapy in Poland in a light of surrounding disciplines and socio - economical context. I will give many examples of practice where art and creativity are used in self developmental and therapeutic activities in Poland. I will discuss how humanistic concepts of creativity influenced the practice of art therapeutic activities. Reflecting particular approaches I will try to answer the questions about how the term "art therapy” is used and understood in Poland: is it adequate to Polish practice, can art therapy develop into a profession, given the current social, political and economic context, and can finally professionals from different primary disciplines with other approaches to theory and practice work together to create a single, unitary profession. I will try to create a portrait of Polish art therapy, where a very vivid and quickly developing profession with long and widespread roots adapts to fast changes of post socialistic country putting particular attention to practices where art and creative development play a main role. Showing the organization of those practices I will compare them to the development of art therapy in other countries, particularly UK and the USA.
15.30 Uhr - Pause - ??
16.00 Uhr
Prof. Dr. Michael Buchholz
Selbst und Kunst – Warum das Thema ins Zentrum der Therapeutik gehört.
Kunst – das wird meist als „Sahnehäubchen“ über den harten „facts of life“ verstanden, als etwas, was „nach der Arbeit“ kommt. Im Vortrag wird gezeigt, dass dies ein gravierendes Missverständnis dessen ist, was den Menschen ausmacht: Kunst, Kultur, Kreativität gehören ins Zentrum eines angemessenen Verständnisses vom Menschen und deshalb auch der Therapeutik.
Kunsttherapie psychoanalytisch auszurichten ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu einer Integration.
16.45 Uhr
Uwe Herrmann
Der Blick des blinden Schöpfers.?Kunsttherapie mit Geburtsblinden.
Dieser Beitrag thematisiert die Rolle des Modellierens in der Kunsttherapie mit geburtsblinden Menschen. Die künstlerische und persönliche Entwicklung geburtsblinder Menschen wird anhand ihrer Plastiken verglichen: von erster taktiler Erkundung des Materials, über fortschreitenden ästhetischen Ausdruck bis zu reifen Selbst-Skulpturen in den späten Phasen der Therapie. Die Bedeutung des Modellierens für die Selbstentwicklung blinder Menschen im Kontext kunsttherapeutischer, psychoanalytischer und neurowissenschaftlicher Erkenntnisse wird untersucht, und wir werden dem Blick des blinden Schöpfers begegnen.
17.30 Uhr Verabschiedung
Die Referenten
Prof. Dr. Gottfried Boehm
Studium der Kunstgeschichte, Philosophie, Germanistik in Köln, Wien und Heidelberg. Promotion 1968 in Philosophie, Habilitation 1974 in Kunstgeschichte in Heidelberg. Von 1975-1979 Dozent und apl. Prof. für Kunstgeschichte an der Ruhr-Universität Bochum, 1979-1986 Lehrstuhl für Kunstgeschichte an der Justus-Liebig-Universität Giessen. Seit 1986 Ordinarius für Neuere Kunstgeschichte Universität Basel. Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin (2001/2002). Direktor des Nationalen Forschungsschwerpunktes (NFS) "Bildkritik" (2005). Seit Juli 2006 korrespondierendes Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften und seit 2010 Mitglied der Leopoldina. Arbeitsschwerpunkte: Kunst der Renaissance; Kunst des 19. und 20. Jahrhunderts; Zeitgenössische Kunst; Probleme der Gattungen (insbesondere Porträt, Landschaft, Stillleben); Bildtheorie und Bildgeschichte; Methodologie und Hermeneutik; Kunsttheorie.
Prof. Dr. Michael B. Buchholz
Dr. phil., Dr. disc. pol., Prof. am FB Sozialwissenschaft der Univ. Göttingen, derzeit Prof. für Psychoanalyse an der Univ. Kassel. Lehranalytiker (DGPT, DPG) am Institut für Psychoanalyse in Göttingen. Zahlreiche Veröffentlichungen, zuletzt zusammen mit Günter Gödde Herausgabe eines dreibändigen Werkes „Das Unbewusste“ und mit Franziska Lamott und Kathrin Mörtl gemeinsam verfaßt „Tat-Sachen. Narrative von Sexualstraftätern“. Forschungsinteressen liegen in der qualitativen Methodik, insbesondere Konversations- und Metaphernanalyse.
Olga Handford
Kunsttherapeutin MA (GB registriert), Psychologin, PhD Studentin am Goldsmiths College, University of London. Autorin und Co-Autorin mehrerer Publikationen über Kunsttherapie und Kreativitätsentwicklung: Märchen in der Kunsttherapie und Kreativitätsentwicklung (2007), Spiel (mit) Objekten in der Kunsttherapie und kreative Entwicklung(2008), Portraits und Masken in der Kunsttherapie und kreative Entwicklung (2009), alle in Polen veröffentlicht. Sie ist Mitglied der polnischen Gesellschaft für Kunsttherapie und Therapie durch Kunst. Olga Handfords praktische Erfahrungen sind mit verschiedenen Patientengruppen: Frauen mit Missbrauchserfahrungen, arbeitslosen Frauen, Gruppen zur Entwicklungsförderung und Stadteilkunstprojekten
Uwe Herrmann
PG Dip AT, MA (AT), PhD (cand.), studierte Kunsttherapie (PG Dip AT) an der University of Hertfordshire, Kunstpsychotherapie (MA) am Goldsmiths College der London University und Freie Kunst an der FH Hannover. Er arbeitet seit 1991 hauptberuflich als Kunsttherapeut am Landesbildungszentrum für Blinde (LBZB) in Hannover und lehrt Kunsttherapie am Master-Studiengang der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Er beendet zurzeit seine Promotion (PhD) über Kunsttherapie mit geburtsblinden Menschen am Goldsmiths College der Universität London und hat umfangreich über Kunsttherapie und Blindheit publiziert
Dr. phil. Thomas Röske
ist seit November 2002 Leiter der Sammlung Prinzhorn der Psychiatrischen Universitätsklinik Heidelberg. Er hat Kunstgeschichte, Musikwissenschaft und Psychologie in Hamburg studiert und 1991 mit einer Arbeit über Hans Prinzhorn promoviert (1995 unter dem Titel „Der Arzt als Künstler. Ästhetik und Psychotherapie bei Hans Prinzhorn [1886-1933]“ als Buch erschienen). Von 1993 bis 1999 war er Wissenschaftlicher Hochschulassistent am Kunstgeschichtlichen Institut der Universität Frankfurt, von 1996 bis 1999 Stellvertretender Sprecher des dort angesiedelten Graduiertenkollegs „Psychische Energien bildender Kunst“. Daneben hat er immer wieder als freier Ausstellungskurator für verschiedene Institutionen gearbeitet. Er gibt regelmäßig Lehrveranstaltungen am Zentrum für Europäische Kunstgeschichte der Universität Heidelberg und bereitet eine Habilitationsschrift vor zum Thema „Die Idee des Selbstausdrucks in Kunst und Kunsttheorie um 1800“. Seine Forschungsschwerpunkte sind: Deutsche und englische Kunst und Kunsttheorie um 1800, Deutsche Kunst der Klassischen Moderne, Psychologische Aspekte von Kunst, Kunst und Außenseiter-Erfahrung, Kunst und Psychiatrie, Outsider Art.
Prof. Dr. Diane Waller
Vorsitzende des International Centre for Research in the Arts Therapies am Imperial College London, und Principal Research Fellow in der School of Applied Social Sciences an der University of Brighton. Council-Mitglied der größten britischen Gesundheitsregulierungsbehörde Health Professions Council. Ihre Forschung konzentriert sich auf die Geschichte und Entwicklung der kunsttherapeutischen Professionen Art Psychotherapy und Psychotherapy in Großbritannien und Europa; auf die Wirksamkeit der Kunsttherapie bei Abhängigkeitserkrankungen, bei Demenz und der Parkinson Erkrankung. Zurzeit ist sie maßgeblich beteiligt an einer großen randomisierten Kontrollstudie von Kunsttherapiegruppen mit schizophrenen Patienten, die am Imperial College London angesiedelt ist. Sie ist ebenfalls Vorsitzende der Arbeitsgruppe, die für die britische Regierung die Zulassung zur Regulierung der Psychotherapeuten und Therapeuten zuständig ist. Im Juni 2007 erhielt sie die Auszeichnung OBE (Order of the British Empire) für ihre Verdienste im Gesundheitswesen.